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Bei der Abgrenzung zwischen konjunkturellem Kurzarbeitergeld und betriebsbedingter Kündigung muss auf die Frage, ob ein Ende des Arbeitsausfalls absehbar ist, abgestellt werden. Eine genauere Bestimmung des Zeitraums, der hierzu ins Auge zu fassen ist, lässt sich für den konkreten Fall auf Basis der Brückenfunktion des Kurzarbeitergeldes und des regelmäßigen bzw. ausnahmsweise festgelegten Bezugszeitraums sowie des Grads der Wahrscheinlichkeit eines vorübergehenden Arbeitsausfalls bestimmen.
Wenn der Arbeitgeber während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine neue Tatsachengrundlage präsentiert, welche die Prognose eines dauerhaften Arbeitsausfalls rechtfertigt, ermöglicht das eine Kündigung wegen dringenden betrieblichen Erfordernissen auch während des Bezugs von Kurzarbeitergeld. Wenn der Arbeitgeber infolge der entsprechenden Prognose gleich kündigen möchte, stellt die Kurzarbeit kein milderes Mittel dar. Das hat seine Ursache in der Drittbetroffenheit der Beitragszahler, deren Mittel wegen der Brückenfunktion nicht für eine Verzögerung, sondern nur für eine Verhindern der Kündigung eingesetzt werden sollen.
Denn:
Die ausschlaggebende Frage, ob Kurzarbeit oder eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht kommt, hängt grundsätzlich davon ab, ob ein dauerhafter Arbeitsausfall vorliegt. Die Frage lässt sich anhand einer Zukunftsprognose beantworten, die zunächst vorzunehmen ist.
Wenn der Arbeitgeber zu dem Ergebnis kommt, dass für einzelne Arbeitnehmer Beschäftigungsmöglichkeiten dauerhaft entfallen sind oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entfallen werden, kommt allein die betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Demgegenüber ist die Kurzarbeit nur dann zu wählen, wenn der Arbeitgeber zu der Prognose kommt, dass es aktuell zwar an Beschäftigungsmöglichkeiten fehlt, dies aber vorübergehend ist. Fehlt es an einer objektiv nachvollziehbaren Prognose, liegen die Voraussetzungen für das jeweilige Instrument nicht vor.
Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die erste Prognose falsch ist, führt dies weder zur rückwirkenden Unwirksamkeit der Kündigung noch zur nachträglichen Gewährung des Kurzarbeitergeldes. Maßgeblich ist der Beurteilungszeitpunkt, zu dem alle erforderlichen Gegebenheiten für eine richtige Prognose herangezogen wurden.
Die Kurzarbeit dient dazu, dem Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz und dem Arbeitgeber seine Angestellten zu erhalten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, für welchen Zeitraum Kurzarbeit in Betracht kommt. Das BSG vertritt die Auffassung, dass ein Arbeitsausfall vorübergehend ist, wenn in absehbarer Zeit die Wiederaufnahme der Arbeit gegeben ist. Grundsätzlich sind 12 Monate vorgesehen. Ist aber der Arbeitsausfall z. B. eine Folge der derzeitigen Corona-Pandemie, so bildet der 24-Monatszeitraum den Rahmen des zulässigen Prognosezeitraumes.
Wird während der Gewährung von Kurzarbeit klar, dass der Arbeitsausfall nicht mehr vorübergehend ist, besteht auch kein Anspruch mehr auf Kurzarbeit. Dies muss der Arbeitgeber im Rahmen seiner Meldepflicht nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I der Arbeitsagentur mitteilen, und zwar unabhängig davon, ob der Ausfall auf unabsehbare Zeit oder – noch weitergehend – gar nicht mehr besteht.
In diesem Fall wird der Anerkennungsbescheid der Arbeitsagentur aufgehoben. Stellt der Arbeitgeber im Zuge dessen fest, dass der Beschäftigungsbedarf dauerhaft entfallen ist, so ist er befugt, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.
Die Kurzarbeit stellt auch kein milderes Mittel dar, welches durch den Arbeitgeber zwingend und vorrangig zu nutzen wäre, da die betriebsbedingte Kündigung einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfes voraussetzt. Hierbei sind ebenfalls Drittinteressen zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmer kann zum Schutz seiner Rechtsposition nicht vom Arbeitgeber verlangen, einen Drittbetroffenen mitzuziehen, hier die Arbeitsagentur. Die Arbeitsagentur erfüllt in diesem Sinne lediglich seine Brückenfunktion. Die Kurzarbeit ist somit kein milderes Mittel, sondern ein anderes Instrument, das für vorübergehenden Arbeitsausfall geschafft wurde und nicht für einen dauerhaften Wegfall der Beschäftigung wie die betriebsbedingte Kündigung.